Home Gerichtsentscheidung BVerfG, Einstweilige Anordnung v. 23.03.2020, 2 BvQ 6/20 | Schiedsverfahren: Investitionsschutzabkommen Niederlande – Slowakei, Kündigung Abkommen gem. EU

BVerfG, Einstweilige Anordnung v. 23.03.2020, 2 BvQ 6/20 | Schiedsverfahren: Investitionsschutzabkommen Niederlande – Slowakei, Kündigung Abkommen gem. EU

by Jan Dwornig
Einstweiliges Anordnungsverfahren Investitionsschutzabkommen

Relevante Normen:

§ 32 I BVerfGG
Art. 267 AEUV
Art. 344 AEUV
Art. 59 II S. 1 GG

Nichtamtlicher Leitsatz:

Kein Einstweiliges Anordnungsverfahren zur Kündigung von Investitionsschutzabkommen gem. EU Vorgabe bevor ein Entwurf des Ratifizierungsgesetz gefertigt wurde.
Entscheidung darf die Hauptsache nicht vorwegnehmen

Sachverhalt:

Die Antragstellerin begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der dem Bundespräsidenten und der Bundesregierung unter anderem aufgegeben werden soll, das „Übereinkommen zur Beendigung bilateraler Investitionsschutzverträge zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union“ (nachfolgend: Übereinkommen) bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsbeschwerde im Verfahren 2 BvR 557/19nicht zu ratifizieren oder in sonstiger Weise in Kraft zu setzen.

1. Die Antragstellerin gründete in der Slowakischen Republik nach dem Beitritt zur Europäischen Union eine Tochtergesellschaft, über die sie private Krankenversicherungen anbot. Mit Gesetz vom 25. Oktober 2007 verbot die Slowakische Republik die Ausschüttung von Gewinnen aus dem Krankenversicherungsgeschäft. Das Verfassungsgericht der Slowakischen Republik erklärte das Verbot am 26. Januar 2011 für verfassungswidrig; ab dem 1. August 2011 wurden Gewinnausschüttungen wieder zugelassen.

Im Oktober 2008 leitete die Antragstellerin auf der Grundlage von Art. 8 des Abkommens über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen zwischen der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik und dem Königreich der Niederlande ein Schiedsverfahren ein, mit dem sie von der Slowakischen Republik Ersatz ihrer Schäden infolge der gesetzlichen Regulierungsmaßnahmen begehrte. Das hierauf konstituierte Schiedsgericht legte Frankfurt am Main als Ort des schiedsgerichtlichen Verfahrens fest.

Mit Schiedsspruch vom 7. Dezember 2012 wurde die Slowakische Republik zur Zahlung von rund 22,1 Millionen Euro nebst Zinsen an die Antragstellerin wegen Verletzung verschiedener Bestimmungen des genannten Investitionsschutzvertrages durch die oben genannten gesetzlichen Restriktionen verurteilt. Die von der Slowakischen Republik beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main beantragte Aufhebung des Schiedsspruchs wies dieses mit Beschluss vom 18. Dezember 2014 zurück. Hiergegen erhob die Slowakische Republik Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof.

Auf verschiedene vom Bundesgerichtshof im Vorabentscheidungsverfahren (Art. 267 AEUV) vorgelegte Fragen entschied der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 6. März 2018 (C-284/16, ECLI:EU:C:2018:158), dass Bestimmungen wie Art. 8 des gegenständlichen Investitionsschutzvertrages nicht mit Art. 267, 344 AEUV vereinbar seien. Hierauf hob der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 31. Oktober 2018 den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 18. Dezember 2014 sowie den Schiedsspruch vom 7. Dezember 2012 auf. Eine Anhörungsrüge blieb erfolglos. Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs sind Gegenstand der von der Antragstellerin erhobenen Verfassungsbeschwerde im Verfahren 2 BvR 557/19.

2. Am 9. November 2018 nahmen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union in der von der Europäischen Kommission eingerichteten „Group for the Termination of Intra-EU-Bilateral Investment Treaties“ Verhandlungen über ein entsprechendes Übereinkommen auf, die am 24. Oktober 2019 abgeschlossen wurden. Das Übereinkommen bündelt die verschiedenen bilateralen Aufhebungsvereinbarungen in Form eines ratifizierungsbedürftigen völkerrechtlichen Vertrages. Die Kommission hat als Termin für die Unterzeichnung des Übereinkommens, dem sich vermutlich 25 Mitgliedstaaten anschließen werden, den 5. Mai 2020 vorgeschlagen.

3. Die Vorschriften des Übereinkommens lauten – soweit vorliegend von Bedeutung – wie folgt:

„Artikel 4 („Gemeinsame Bestimmungen“)

(…)

(2) Die Beendigung der im Anhang A genannten bilateralen Investitionsschutzverträge gemäß Artikel 2 und die Beendigung von Nachwirkungsklauseln in den in Anhang B genannten bilateralen Investitionsschutzverträgen gemäß Artikel 3 werden bei jedem dieser Verträge wirksam, sobald das vorliegende Übereinkommen gemäß Artikel 16 für die betreffenden Vertragsparteien in Kraft tritt.“

(…)

Artikel 16 („Inkrafttreten“)

(1) Dieses Übereinkommen tritt 30 Kalendertage nach dem Tag in Kraft, an dem der Verwahrer die zweite Ratifikations-, Genehmigungs- oder Annahmeurkunde erhält.

(2) Dieses Übereinkommen tritt für jede Vertragspartei, die es nach seinem Inkrafttreten gemäß Absatz 1 ratifiziert, annimmt oder genehmigt, 30 Kalendertage nach dem Tag in Kraft, an dem diese Vertragspartei ihre Ratifikations-, Genehmigungs- oder Annahmeurkunde hinterlegt hat.

(…)

Im Anhang A findet sich eine „Liste der durch dieses Übereinkommen beendeten bilateralen Investitionsschutzverträge“. Dort wird auch das Abkommen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen zwischen der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik und dem Königreich der Niederlande aufgeführt.

1. a) Nach Ansicht der Antragstellerin perpetuiere und vertiefe das Abkommen die schon gegen das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Unionvom 6. März 2018 vorgebrachten verfassungsrechtlichen Einwände, weil es eine eigenständige und weitergehende rechtliche Bindung der Antragstellerin an das Urteil bewirke. Schon das Urteil gewähre keinerlei Vertrauensschutz. Es breche aus der bestehenden Kompetenzordnung aus, entziehe den Mitgliedstaaten zahlreiche wesentliche Kompetenzen und verletze die Identität des Grundgesetzes. Das Übereinkommen entziehe darüber hinaus der Antragstellerin dauerhaft jeglichen Vertrauensschutz. Es gewährleiste keinen ausreichenden Rechtsschutz und verstoße in schwerwiegender Weise gegen das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung sowie das Verbot der Übertragung der Kompetenz-Kompetenz. Indem nicht sämtliche Mitgliedstaaten der Europäischen Union dem Übereinkommen beiträten, bewirke es zudem eine Zersplitterung der unionalen Kompetenzordnung. Die Ratifizierung des Übereinkommens, das keinen Gemeinwohlbelangen diene, verletze die Antragstellerin daher in ihren verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen aus Art. 14 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 103 Abs. 1 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

b) Die Anordnung gemäß dem Antrag zu 1) sei erforderlich, um einen durch Inkrafttreten des Übereinkommens in Deutschland drohenden endgültigen Verlust der Rechte der Antragstellerin aus dem Schiedsspruch zu verhindern. Die vorläufige Suspendierung der Ratifizierung stelle keine Vorwegnahme der Hauptsache dar; jedenfalls sei diese zulässig, da eine Entscheidung in der Hauptsache zu spät käme und bei einer Ratifizierung irreparable Schäden drohten.

Die Folgenabwägung erginge zugunsten des Erlasses der einstweiligen Anordnung. Der bei Maßnahmen mit völkerrechtlichen oder außenpolitischen Auswirkungen anwendbare Prüfungsmaßstab greife vorliegend aufgrund des in Rede stehenden gravierenden Ultra-vires-Verstoßes nicht ein.

c) Der Antrag zu 3) sei erforderlich, um zu verhindern, dass europäische Gerichte den vorliegenden Sachverhalt als abgeschlossenes Verfahren im Sinne des Übereinkommens ansähen. Der Antrag zu 1) genüge hierbei nicht, um dem Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin zu entsprechen, da auch andere Mitgliedstaaten das Übereinkommen mit hoher Wahrscheinlichkeit ratifizieren dürften.

2. Die Bundesregierung hält die Anträge überwiegend für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.

a) Der Antrag zu 1) sei auf vorbeugenden Rechtsschutz gerichtet, der nicht zulässigerweise mit dem Verfahren der einstweiligen Anordnung begehrt werden könne. Soweit das Bundesverfassungsgericht Rechtsschutz vor Ausfertigung eines Zustimmungsgesetzes gewährt habe, habe – anders als im vorliegenden Fall – stets ein Zustimmungsbeschluss zum Gesetz vorgelegen. Dem Antrag fehle zudem das Rechtsschutzbedürfnis, weil der gegenständliche Investitionsschutzvertrag zwischen den Niederlanden und der Slowakischen Republik allein durch das Inkrafttreten des Übereinkommens zwischen diesen beiden Mitgliedstaaten beendet werde, ohne dass es insoweit auf das Inkrafttreten in Deutschland ankomme.

Jedenfalls sei der Antrag zu 1) unbegründet. Eine drohende Verletzung der Verfassungsidentität scheide ebenso wie die behauptete Kompetenzüberschreitung durch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 6. März 2018 offensichtlich aus; das Urteil stelle sich keinesfalls als Ultra-vires-Akt dar. (Grund-)Rechtspositionen der Antragstellerin würden durch die Mitwirkung Deutschlands an dem Übereinkommen nicht tangiert, sondern allein durch die diesbezügliche vertragliche Einigung zwischen der Slowakischen Republik und den Niederlanden. Aufgrund von Art. 1 des Ersten Zusatzprotokolls der Europäischen Menschenrechtskonvention bestehe zudem ein umfangreicher Investitionsschutz innerhalb der Europäischen Union. Schließlich müsse eine Folgenabwägung zulasten der begehrten Anordnung ausfallen, da sich bislang noch nicht einmal das Bundeskabinett mit dem Übereinkommen befasst habe; ein entsprechender Gesetzesbeschluss liege noch in zeitlicher Ferne.

b) Der Antrag zu 3) sei unbegründet. Der angegriffene Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 31. Oktober 2018 setze lediglich das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 6. März 2018 um; ein unionsrechtlicher Spielraum für eine abweichende Qualifikation bestehe insoweit nicht. Jedenfalls würde die Folgenabwägung auch insoweit gegen den Erlass der einstweiligen Anordnung ausfallen. Eine erhebliche Gefahr der baldigen Ratifizierung in zumindest einigen Mitgliedstaaten, wie von der Antragstellerin behauptet, sei bereits deshalb fernliegend, weil das Übereinkommen bislang noch nicht unterzeichnet worden sei.

Gründe:

Der Erlass einer – isolierten – einstweiligen Anordnung ist abzulehnen. Hinsichtlich des Antrags zu 1) liegt der Fall eines – ausnahmsweise zulässigen – vorbeugenden Rechtsschutzes nicht vor (1.). Der Antrag zu 2) hat sich aufgrund der Übersendung der deutschen Sprachfassung erledigt (2.). Der Antrag zu 3) ist auf eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet (3.).

1. a) Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall auch bereits vor Anhängigkeit eines Verfahrens in der Hauptsache (vgl. BVerfGE 3, 267 <277>; 11, 339 <342>; 16, 236 <238>; 35, 193 <195>; 71, 350 <352>; 150, 163 <166 Rn. 9>; stRspr) einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei müssen die Gründe, welche für die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme sprechen, außer Betracht bleiben, es sei denn, die Hauptsache erweist sich als von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet (vgl. BVerfGE 89, 344 <345>; 92, 130 <133>; 118, 111 <122>; 143, 65 <87>; 145, 348 <356 Rn. 28>; 150, 163 <166 Rn. 9>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 12. März 2019 – 2 BvQ 91/18 -, Rn. 11; stRspr). Maßgebend für die Beurteilung ist der Verfahrensstand zum Zeitpunkt der Entscheidung (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 18. September 2018 – 1 BvQ 70/18 -, Rn. 3; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 13. November 2018 – 1 BvQ 82/18 -, Rn. 2). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, hat das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich im Rahmen einer Folgenabwägung die Nachteile abzuwägen, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber in der Hauptsache Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 105, 365 <371>; 106, 351 <355>; 108, 238 <246>; 125, 385 <393>; 132, 195 <232 f. Rn. 87>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 17. September 2019 – 2 BvQ 59/19 -, Rn. 16; stRspr). Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 BVerfGG gegeben sind, ist wegen der weittragenden Folgen einer einstweiligen Anordnung grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerfGE 55, 1 <3>; 82, 310 <312>; 94, 166 <216 f.>; 106, 51 <58>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Juni 2018 – 2 BvR 1094/18 -, Rn. 2; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 1. Oktober 2018 – 2 BvR 1845/18 -, Rn. 18; stRspr).

Die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde setzt voraus, dass die gerügte Maßnahme oder Unterlassung objektiv vorliegt. Dies gilt grundsätzlich auch im Verfahren der einstweiligen Anordnung, da es ansonsten an einem Streitfall nach § 32 Abs. 1 BVerfGG fehlte (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 23. Januar 2004 – 1 BvQ 38/03 -, Rn. 2; Graßhof, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 32 Rn. 22<Juli 2002>; Walter, in: ders./ Grünewald, Beck´scher Online-Kommentar BVerfGG, § 32 Rn. 20 <1. Januar 2020>). Für vorbeugenden Rechtsschutz ist im Verfahren des § 32 BVerfGG demgemäß grundsätzlich kein Raum.

Etwas anderes kann dann gelten, wenn dem Antragsteller ohne eine vorläufige vorbeugende Regelung effektiver Rechtsschutz nicht mehr gewährt werden könnte, weil ansonsten nicht mehr korrigierbare Folgen einträten (vgl. BVerfGE 131, 47 <52 f.>; 134, 366 <391 Rn. 34>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 11. März 1999 – 2 BvQ 4/99 -, Rn. 11; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. Oktober 2017 – 2 BvQ 66/17 -, Rn. 3; Beschluss des Zweiten Senats vom 30. Oktober 2018 – 2 BvQ 90/18 -, Rn. 11).

Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn das Zustimmungsgesetz zu einem völkerrechtlichen Vertrag (Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG) zur Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht gestellt wird, weil hier mit der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde der Eintritt einer völkerrechtlichen Bindung droht (vgl. BVerfGE 132, 195 <233 Rn. 88>; 143, 65 <88 Rn. 36>). Zur Wahrung der Effektivität des Rechtsschutzes und um zu verhindern, dass eine mögliche Rechtsverletzung nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte, muss die verfassungsrechtliche Kontrolle daher auf den Zeitraum nach Abschluss der parlamentarischen Beratungen und vor Ausfertigung und Verkündung des Vertragsgesetzes durch den Bundespräsidenten vorverlagert werden (vgl. Lenz/Hansel, in: dies., BVerfGG, 2. Aufl. 2015, § 32 Rn. 23; Schneider, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, BVerfGG, 2015, § 32 Rn. 46; Walter, in: ders./Grünewald, Beck´scher Online-Kommentar BVerfGG, § 32 Rn. 21 <1. Januar 2020>; vgl. auch BVerfGE 89, 155 <164 f.>; 123, 267 <304>; 132, 195 <197 Rn. 1>; Graßhof, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/ Klein/Bethge, BVerfGG, § 32 Rn. 22 <Juli 2002>). Das Gesetzgebungsverfahren muss allerdings bis auf die Ausfertigung des Vertragsgesetzes und dessen Verkündung durch den Bundespräsidenten abgeschlossen sein (vgl. BVerfGE 1, 396 <411 ff.>; 24, 33 <53 f.>; 112, 363 <367>; 123, 267 <329>; 132, 195 <234 f. Rn. 92>; 134, 366 <391 f. Rn. 34>; 142, 123 <177 Rn. 91>).

b) Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. Ein deutsches Ratifizierungsgesetz existiert bislang nicht einmal im Entwurf; das entsprechende Gesetzgebungsverfahren wurde bisher noch nicht eingeleitet. Dass die Europäische Kommission als Termin zur Unterzeichnung des Übereinkommens den 5. Mai 2020 vorgeschlagen hat, ändert hieran nichts.

Ob eine Beteiligung Deutschlands, die mit dem Antrag unterbunden werden soll, überhaupt Auswirkungen auf die Aufhebung des gegenständlichen Investitionsschutzvertrages hätte, kann vor diesem Hintergrund offen bleiben.

2. Der Antrag zu 2) hat sich durch die Übermittlung der deutschen Sprachfassung des Übereinkommens erledigt.

3. Schließlich würde mit dem Erlass der einstweiligen Anordnung gemäß dem Antrag zu 3) die Hauptsache in unzulässiger Weise vorweggenommen.

a) Durch eine einstweilige Anordnung darf die Hauptsache nicht vorweggenommen werden (vgl. BVerfGE 34, 160 <162>; 46, 160 <163 f.>; 67, 149 <151>; 147, 39 <46 f. Rn. 11>; stRspr). Über die in der Hauptsache aufgeworfenen Fragen kann im Verfahren nach § 32 BVerfGG grundsätzlich nicht entschieden werden (vgl. BVerfGE 12, 276 <279>; 15, 77 <78>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 30. Oktober 2019 – 2 BvR 980/16 -, Rn. 5); durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung soll lediglich ein Zustand vorläufig geregelt, nicht aber die Hauptsache präjudiziert werden (vgl. BVerfGE 8, 42 <46>; 15, 219 <221>; 147, 39 <47 Rn. 11>). Eine Vorwegnahme der Hauptsache steht der Zulässigkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nur dann nicht entgegen, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache möglicherweise zu spät käme und dem Antragsteller in anderer Weise ausreichender Rechtsschutz nicht mehr gewährt werden könnte (vgl. BVerfGE 34, 160 <162 f.>; 67, 149 <151>; 108, 34 <40>; 113, 113 <122>; 130, 367 <369>). Unzulässig ist ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung regelmäßig dann, wenn es dem Antragsteller nur um eine eilige Entscheidung über die im Hauptsacheverfahren angegriffene Maßnahme geht (vgl. BVerfGE 147, 39 <47 Rn. 11>). Eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache liegt vor, wenn der beantragte Inhalt der einstweiligen Anordnung und das Rechtsschutzziel in der Hauptsache, wenn nicht deckungsgleich, so doch zumindest vergleichbar sind, wenn also die stattgebende einstweilige Anordnung mit dem Zeitpunkt ihres Erlasses einen Zustand in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht zu verwirklichen erlaubt, der erst durch die zeitlich spätere Entscheidung in der Hauptsache hergestellt werden soll (vgl. BVerfGE 147, 39 <47 Rn. 12>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 30. Oktober 2019 – 2 BvR 980/16 -, Rn. 6).

b) So liegen die Dinge hier. Der Antrag zu 3) ist auf dasselbe Rechtsschutzziel wie die Verfassungsbeschwerde im Verfahren 2 BvR 557/19 gerichtet. Hierbei genügt es, dass im Wege der einstweiligen Anordnung lediglich die vorläufige Suspendierung eines Teils des Beschlusstenors begehrt wird; hinsichtlich der „Wiederherstellung“ des Schiedsspruchs vom 7. Dezember 2012 deckt sich das Rechtsschutzinteresse mit demjenigen im Hauptsacheverfahren und stellt sich somit als unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache dar.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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