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Die Ablehnung von Schiedsrichtern in Schiedsverfahren

by Jan Dwornig
Ablehnung Schiedsrichter im Schiedsgerichtsverfahren / arbitration

Die Ablehnung von Schiedsrichtern in Schiedsverfahren

Mit der Auswahl und der Ernennung von Schiedsrichtern beschäftigen sich zahlreiche Publikationen und Regelwerke. Doch unter welchen Bedingungen ist es für Parteien in Schiedsverfahren eigentlich möglich, einen bereits ernannten Schiedsrichter wieder loszuwerden oder einer Ernennung mit berechtigten Gründen zu widersprechen? Wir informieren über die Ablehnung von Schiedsrichtern, stellen die Ablehnungsgründe aus Sicht der Parteien vor und beschreiben das eigentliche Ablehnungsverfahren.

Die Parteien in Schiedsverfahren sind in Bezug auf die Ernennung von Schiedsrichtern sehr frei. Aus diesem an und für sich positiven Umstand leitet sich allerdings leider auch ein höheres Risiko der Befangenheit ab, als es bei staatlichen Gerichten der Fall ist. Auf die Auswahl ordentlicher Richter haben Parteien vor Gericht keinen Einfluss. Daher sind persönliche Verbindungen zwischen dem Kläger oder dem Beklagten und einem Richter zufällig und selten. Innerhalb von Schiedsverfahren kann es leicht dazu kommen, dass eine Partei versucht einen Schiedsrichter durchzusetzen, von dem man ein günstiges Urteil erwartet. Hierbei handelt es sich häufig um Personen, zu denen eine Verbindung besteht.

Um vor dem Hintergrund dieser Situation Auseinandersetzungen, Probleme und Konflikte zu vermeiden, hat der Gesetzgeber in § 1036 ZPO geregelt, auf welche Weise ein Schiedsrichter abgelehnt werden kann. Im Folgenden stellen wir die unterschiedlichen Ablehnungsgründe vor und informieren ausführlich über das Verfahren, das zur Ablehnung eines Schiedsrichters führt.

Berechtigte Ablehnungsgründe für Schiedsrichter

Grundsätzlich ist zwischen Ablehnungsgründen aus Zweifel an der Unabhängigkeit eines Schiedsrichters und aus Nichterfüllung bestimmter Qualifikationen zu unterscheiden. Auf Nichterfüllung kann nur dann plädiert werden, wenn dem betreffenden Schiedsrichter eine Qualifikation fehlt, die entweder in der Schiedsvereinbarung klar geregelt oder zwischen den Parteien vereinbart wurde. Hinsichtlich berechtigter Zweifel an der Unabhängigkeit oder der Unparteilichkeit von Schiedsrichtern gibt es eine Reihe von Fällen und Konstellationen.

Ein klarer Hinweis hierauf ist zunächst die Parteistellung des Schiedsrichters. Gehört dieser selber einer Partei an oder ist zumindest mitberechtigt oder mitverpflichtet, dies kann unter anderem bei Bürgen, bei Gesellschaftern oder bei Vereinsmitgliedern der Fall sein, so bestehen berechtigte Zweifel an der Unabhängigkeit. Gleiches gilt auch, wenn es sich bei dem Schiedsrichter um einen Ehegatten oder einen früheren Ehegatten handelt.

Auch die Parteistellung naher Verwandter oder Verschwägerter des Schiedsrichters ist ein Ausschlusskriterium. Dies gilt für gerade Verwandtschaftslinien ebenso wie für Seitenlinien bis zum dritten Grad oder Verschwägerung bis zum zweiten Grad.

Abgelehnt werden kann ein Schiedsrichter auch dann, wenn er aktuell oder zu einem früheren Zeitpunkt dazu berechtigt ist oder war, als Bevollmächtigter, als Beistand oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei vor dem Schiedsgericht aufzutreten. Ebenso spricht es gegen die Unabhängigkeit eines Schiedsrichters, wenn er in der betreffenden Sache als Zeuge oder als Sachverständiger vernommen worden ist oder wenn er bereits in einem früheren Verfahren in derselben Sache mitgewirkt hat.

Darüber hinaus bietet auch die Besorgnis der Befangenheit einen Ablehnungsgrund. Diese besteht zum Beispiel dann, wenn zwischen dem Schiedsrichter und einer Partei ein enges Verhältnis besteht oder wenn der Schiedsrichter ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens hat. Die Besorgnis der Befangenheit ist dagegen nicht berechtigt, wenn der Schiedsrichter und eine Partei lediglich gesellschaftliche Kontakte zueinander unterhalten.

Die Besorgnis der Befangenheit kann auch damit begründet werden, dass der Schiedsrichter früher mit der betreffenden Sache befasst war oder dass sich Zweifel aus dem Verhalten des Schiedsrichters innerhalb des Schiedsverfahrens ergeben. Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn er intensive Kontakte zu einer der Parteien unterhält oder einseitige Ratschläge an eine Partei erteilt. Auch wenn der Schiedsrichter für eine der Parteien im Vorfeld bereits ein Gutachten über die betreffende Sache erstellt hat, kann dies die Besorgnis der Befangenheit begründen.

Die Offenbarungspflicht des Schiedsrichters

In Schiedsverfahren wirkt es sich in Bezug auf die Ablehnung von Schiedsrichtern oft problematisch aus, dass den Parteien ein Umstand, der Zweifel an der Unabhängigkeit aufkommen lässt, erst während des Schiedsverfahrens bekannt wird. Daher ist in § 1036 ZPO eine Offenbarungspflicht des Schiedsrichters festgelegt. Diese Offenbarungspflicht gilt gegenüber beiden Parteien und während der gesamten Dauer des Schiedsverfahrens.

Offenlegen muss der Schiedsrichter hierbei unter anderem Geschäftsbeziehungen zu einer Partei, enge gesellschaftliche Beziehungen zu einer Partei oder einem Zeugen, Beziehungen zu Mitschiedsrichtern, relevante Vorkommnisse über den Rechtsstreit selbst oder bestehende Verpflichtungen, durch die seine Verfügbarkeit innerhalb des Verfahrens eingeschränkt wird.

Wurde ein Schiedsrichter bereits von einer anderen Partei gefragt, ob er das Schiedsrichteramt übernehmen würde, wurde dann letztlich aber von der anderen Partei benannt, dann muss dies im Rahmen der Offenlegung nicht mitgeteilt werden und bildet auch keinen Ablehnungsgrund. Ohne diese Regelung wäre es sonst möglich, dass eine Partei durch schlichte Anfragen bei verschiedenen Schiedsrichtern dafür sorgt, dass die andere Partei keinen ihrer bevorzugten Kandidaten mehr benennen kann.

Das Ablehnungsverfahren im Detail

Das Verfahren zur Ablehnung von Schiedsrichtern innerhalb von Schiedsverfahren unterliegt grundsätzlich der Disposition durch die Parteien. Dies ist in § 1037 ZPO Abs. 1 eindeutig geregelt. Entsprechende Vereinbarungen können entweder bereits innerhalb der Schiedsvereinbarung oder zu einem späteren Zeitpunkt getroffen werden. Hierbei gilt lediglich die Grenze, dass derjenigen Partei, die ein Ablehnungsgesuch nicht durchsetzen konnte, eine Möglichkeit zur Verfügung stehen muss, ein gerichtliches Verfahren herbeizuführen.

Wenn die Parteien weder innerhalb der Schiedsvereinbarung noch im Rahmen anderer Verfahrensregelungen bestimmt haben, wie im Falle von Ablehnungsverfahren vorgegangen werden soll, so obliegt das Verfahren dem Schiedsgericht. Die ablehnende Partei wendet sich nun in schriftlicher Form mit einem begründeten Antrag auf Ablehnung an das Schiedsgericht. Nach Bekanntwerden der Zusammensetzung des Schiedsgerichts oder der Ursachen für die Besorgnis der Unabhängigkeit oder Befangenheit bleibt hierfür eine Frist von zwei Wochen.

Im nächsten Schritt wird das Schiedsgericht der anderen Partei das Ablehnungsgesuch nun zuleiten und eine Stellungnahme anfordern. Ab diesem Zeitpunkt gibt es zwei Möglichkeiten, den betreffenden Schiedsrichter vor der eigentlichen Entscheidung durch das Schiedsgericht von seinen Pflichten zu entbinden. Entweder der abgelehnte Schiedsrichter tritt von sich aus von seinem Amt zurück. Hierzu muss er den Gründen der Ablehnung nicht zustimmen. Es reicht aus, dass er das Verhältnis zu mindestens einer Partei als so belastet empfindet, dass er das Amt trotz Schiedsrichtervertrag niederlegen kann. Die andere Möglichkeit besteht darin, dass die andere Partei der Ablehnung zustimmt. In diesem Fall kann eine gemeinsame Abberufung des Schiedsrichters und eine Kündigung des Schiedsrichtervertrags erfolgen.

Kommt es nicht zu einer dieser beiden Optionen, dann obliegt die Entscheidung über den Ablehnungsantrag dem Schiedsgericht. Auch der abgelehnte Schiedsrichter ist hierbei abstimmungsberechtigt. Dies führt übrigens bei Schiedsgerichten, die aus nur einem Schiedsrichter bestehen, tatsächlich dazu, dass dieser alleine über seine eigene Ablehnung entscheidet. Hierbei wird davon ausgegangen, dass bereits der Entschluss des Einzelschiedsrichters, nicht im Rahmen der beiden zur Verfügung stehenden Optionen zurückzutreten, als Entscheidung gegen den Ablehnungsantrag zu betrachten ist.

Kommt es zu einer Ablehnung des Ablehnungsantrags, so bleibt der betreffenden Partei der Weg zu einem ordentlichen Gericht. Hierbei sind die Oberlandesgerichte zuständig. Ein entsprechender Antrag muss innerhalb von einem Monat nach der Kenntnisnahme der ablehnenden Entscheidung über den Ablehnungsantrag gestellt werden. Abweichend von dieser Fristsetzung können sich die Parteien auch auf eine andere Frist einigen. Vor dem Oberlandesgericht wird dann im Beschlussverfahren entschieden. Dabei kann der Beschluss auch ohne mündliche Verhandlung ergehen. Einen Ermessensspielraum hat das Gericht hierbei nicht. Werden Umstände festgestellt, von denen eine Besorgnis der mangelnden Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit ausgeht, dann ist dem Ablehnungsgesuch stattzugeben. Weist das Gericht den Ablehnungsantrag rechtskräftig zurück, dann ist damit der Ablehnungsgrund endgültig erledigt.

Interessant in diesem Zusammenhang: Ein bei einem schwebenden Ablehnungsverfahren kann das Schiedsverfahren weiter fortgesetzt und sogar ein Schiedsspruch erlassen werden. Wird dem Ablehnungsantrag allerdings stattgegeben, dann liegt in Bezug auf den Schiedsspruch ein Aufhebungsgrund vor. Daher wird ein Schiedsverfahren in dieser Situation in der Regel nur dann fortgesetzt, wenn das Schiedsgericht davon ausgeht, dass der Ablehnungsantrag keinen Erfolg haben wird.

 

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