Home Gerichtsentscheidung Landgericht Oldenburg, Beschluss v. 10.06.2008, 2 S 274/08 | Schiedsverfahren: Vorschusspflicht

Landgericht Oldenburg, Beschluss v. 10.06.2008, 2 S 274/08 | Schiedsverfahren: Vorschusspflicht

by Jan Dwornig

Landgericht Oldenburg, Beschluss vom 10. Juni 2008, 2 S 274/08

Relevante Normen:

§ 12 GKG
§ 1029 ZPO
§ 1032 ZPO
§ 1042 ZPO

Nichtamtlicher Leitsatz:

  1. Die Parteien des Schiedsverfahrens sind verpflichtet, den angeforderten Vorschuss zu leisten.
  2. Die Parteien können untereinander nicht mehr Vorschuss einfordern, als den auf sie entfallenden Teil.

Gründe:

Zutreffend hat das Amtsgericht die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet gesehen, die hälftige Vorschussforderung des Schiedsrichters H.-D. M. in Höhe von 1.227,50 EUR zu zahlen. Eine solche Verpflichtung ergibt sich hier mangels ausdrücklicher Vereinbarung aus dem Verweis auf die Vorschriften der Zivilprozessordnung. Zwischen den Parteien ist ein Sozietätsvertrag geschlossen worden und § 23 dieses Vertrags sieht vor, dass für alle Streitigkeiten im Zusammenhang mit diesem Vertrag unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges abschließend und verbindlich ein Schiedsgericht entscheiden soll. Auf das schiedsrichterliche Verfahren sollen gem. § 23 Abs. 3I des Sozietätsvertrages die Vorschriften der Zivilprozessordnung einschl. des § 1032 ZPO Anwendung finden. Allerdings ist der Beklagtenseite in sofern zuzustimmen, als nach den allgemeinen Regeln des Zivilprozesses jeweils die klagende Seite allein vorschusspflichtig ist und eine Beteiligung der Beklagtenseite nur durch Gerichtsbeschluss (Zeugenvorschuss oder Sachverständigenvorschuss) oder im Rahmen der Kostenfestsetzung erfolgt. Die Vorschusspflicht ergibt sich jedoch nicht aus der ZPO selbst, sondern aus § 12 GKG, wo dies in Form einer Sollvorschrift geregelt ist. Die im Sozietätsvertrag enthaltene Verweisung auf die ZPO bedeutet aber nicht eine Verweisung auf diese allgemeinen Vorschriften des Zivilprozesses, sondern es gibt innerhalb der ZPO spezielle Normen zur Regelung des Schiedsgerichtsverfahrens. Diese sind in erster Linie gemeint, wie auch der Hinweis auf § 1032 ZPO zeigt. Eine dieser speziellen Regelungen ist § 1042 IV ZPO. Dort heißt es, dass – soweit eine Vereinbarung der Parteien nicht vorliegt (…) – die Verfahrensregeln vom Schiedsgericht nach freiem Ermessen bestimmt werden. Diese, im Gegensatz zu den allgemeinen Regeln des Zivilprozesses, speziellere Vorschrift ist hier anzuwenden. Der Schiedsrichter hat diese Regelung auch in sofern angewendet, als er mit Schreiben vom 01.10.2007 den Parteien Auflagen erteilt hat. Der Schiedsrichter hat auch darauf hingewiesen, dass die Vergütung des Schiedsgerichts durch Schiedsvereinbarung zu bestimmen ist und er hat den Parteien einen Schiedsgerichtsvertrag mit Bitte um Unterzeichnung zugesandt. Er hat einen Streitwert festgesetzt und in Anlehnung an das RVG eine – angemessene – Kostenrechnung (Bl. 65 d. A.) übersandt. In Ziffer 3 des Schreibens vom 01.10.2007 hat er ausgeführt, dass eine Kostenrechnung für beide Parteien beigefügt wird mit dem Ersuchen, die Kosten kurzfristig anzuweisen. In der der Klägerseite übersandten Kostenrechnung wird ½ des Rechnungsbetrags, also 1.227,50 € geltend gemacht. Somit hat der Schiedsrichter sein Ermessen dahin ausgeübt, den Vorschuss hälftig von beiden Parteien zu verlangen. Diese Regelung ist zulässig und bindend, so dass die Beklagtenseite auch zur Zahlung verpflichtet ist. Allerdings kann der Schiedsrichter diese Forderung nicht eigenständig durchsetzen, sondern er kann von der Zahlung nur seine Tätigkeit abhängig machen. Durchsetzen kann sie nur die Klägerin. Die vom Amtsgericht insoweit zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 07.03.1985) ist für den hier zugrunde liegenden Sachverhalt wenig ergiebig, da nach dem Sachverhalt, über den der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte, zwischen den Parteien durch Schiedsvertrag vereinbart war, dass jede Partei auf Anordnung des Schiedsgerichts die Hälfte der voraussichtlich erwachsenden Schiedsgerichtskosten vorschussweise zu zahlen habe. Die Situation hier ist anders, denn ein Schiedsgerichtsvertrag mit einem solchen Regelungsinhalt fehlt hier gerade. Auch ein Ausgleichsanspruchs aus dem Gesamtschuldverhältnis, (worauf Thomas/Putzo, ZPO, § 1029 Rd.-Nr. 10) abstellt, fehlt hier, denn die Kläger haben bislang lediglich ihren hälftigen Anteil an den geforderten Kosten eingezahlt, nicht aber die Kosten der Beklagtenseite, so dass auf sie auch ein Anspruch des Schiedsgutachters bislang nicht übergegangen ist. Auch die von Beklagtenseite beigefügte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.02.1971 (BGH NJW 71, 888 ff.) ist wenig ergiebig, da es sich dort um die Klage einer (armen) Partei auf Zahlung des gesamten vom Schiedsgericht geforderten Vorschusses handelte. Allerdings hat der BGH dort ausgeführt, dass der Schiedsbeklagte im Innenverhältnis zum Schiedskläger zur Zahlung des gem. § 426 I Satz 1 auf ihn entfallenden Anteils verpflichtet ist. In dieser Entscheidung führt der Bundesgerichtshof obiter dictum aus: „Keine Partei eines Schiedsvertrages kann von der Gegenpartei Zahlung von mehr Vorschuss an das Schiedsgericht fordern, als der Partei im Innenverhältnis zur Gegenpartei gem. § 426 I BGB zu tragen obliegt …“ (II 1 a dort). Diese – nicht tragenden – Erwägungen stützen die Auffassung der Kläger (Rd.-Nr. 17 der Entscheidung, Bl. 128 d. A.). Somit folgt die Pflicht für die Beklagten, den anteiligen Vorschuss an den Schiedsrichter zu zahlen, aus der Befugnis des Schiedsrichters zur Verfahrensgestaltung. Die dabei zu beachtenden Ermessensgrundsätze hat der Schiedsrichter hier auch zulässig angewendet und sie sind nicht zu beanstanden. Da das Schiedsgericht gem. § 1057 ZPO nach Abschluss des Verfahrens voraussichtlich eine eigene Kostenentscheidung treffen wird, kann z. Zt. noch nicht gesagt werden, ob eine der Parteien schließlich eine Kostenerstattungspflicht im Innenverhältnis haben wird. Ob ein solcher evtl. Anspruch später wird durchgesetzt werden können, kann hier offen bleiben. Abgesehen davon, findet sich die behauptete Aussage des Rechtsanwalts Sch., die Klägerin sei notorisch überschuldet, nicht in dem Protokoll der mündlichen Verhandlung des Schiedsgerichts vom 15.01.2008. Die Kläger haben auch bestritten, dies so erklärt zu haben und unstreitig hat die Klägerseite den vom Schiedsrichter geforderten Vorschuss auch gezahlt. Auch der Einwand der Beklagten, sie würden so gezwungen sein, das Schiedsgerichtsverfahren gegen sich selbst in voller Höhe finanzieren, greift nicht, da sie lediglich verpflichtet werden, den vom Schiedsrichter gegen sie festgesetzten hälftigen Anteil zu tragen. So tragen beide Seiten dazu bei, dass das im Sozietätsvertrag vorgesehene Schiedsverfahren durchgeführt werden kann. Den Beklagten und Berufungsklägerin wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen gegeben.

 

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