Home Gerichtsentscheidung OLG Dresden, Urteil v. 20.10.2010, 11 Sch 04/09 | Schiedsverfahren: Vertragsstrafenzins, Ordre Public

OLG Dresden, Urteil v. 20.10.2010, 11 Sch 04/09 | Schiedsverfahren: Vertragsstrafenzins, Ordre Public

by Jan Dwornig
Vertragsstrafe Verstoß orde public, New-Yorker Übereinkommen

Relevante Normen:

§ 1059 II Nr. 2b) ZPO
§ 1064 III ZPO

Nichtamtlicher Leitsatz:

Im Verfahren zur Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche ist sowohl nach dem Genfer- wie nach dem New-Yorker-Übereinkommen der Einwand zulässig, die Vollstreckung des Schiedsspruchs würde gegen den deutschen ordre public international verstoßen.
Ein solcher Verstoß liegt nur vor, wenn der Schiedsspruch im konkreten Fall zu dem Grundgedanken der deutschen Rechtsordnung in so starkem Widerspruch steht, dass seine Vollstreckung untragbar erscheint.
Ein Vertragsstrafenzins von 73% verstößt gegen den Grundgedanken deutscher Rechtsordnung.

Sachverhalt:

Der Schiedsbeklagte hatte für die Schiedsklägerin den Alleinvertrieb für Deutschland von deren Mühlen und Walzwerken übernommen. Die Schiedsklägerin lieferte dem Schiedsbeklagten 2004 bis 2006 13 Mühlen und Walzwerke für insgesamt 421.769,00 EUR. Der Schiedsbeklagte bezahlte diese Maschinen zögerlich. Die Schiedsklägerin verklagte ihn daraufhin vor dem vertraglich vereinbarten Schiedsgericht der Tschechischen Wirtschafts- und Agrarkammer in Prag auf Zahlung von

– 38.095,00 EUR restliche Kaufpreise aus fünf Lieferungen zwischen dem 20.09. und 05.11.2005,

– 102.445,00 EUR Vertragsstrafzinsen von 0,2 % pro Tag aus den genannten Kaufverträgen bis einschließlich 31.03.2008,

– 0,2 % Vertragsstrafzinsen aus den 38.095,00 EUR vom 01.04.2008 an,

– 55.187,00 EUR Vertragsstrafzinsen in Höhe von 0,2 % pro Tag aus verspäteter Bezahlung der Kaufpreise aus acht weiteren Kaufverträgen zwischen dem 15.10.2004 und dem 30.04.2006.

Der Schiedsbeklagte verteidigte sich mit Gewährleistungsansprüchen, die ihm ein Zurückbehaltungsrecht für den Kaufpreis gegeben hätten und mit einer Widerklage über 56.000,00 EUR, weil die Schiedsklägerin sich geweigert habe, sieben Maschinen ihm zu liefern, die er noch vor Ablauf seines Alleinvertriebsrechts für Deutschland bestellt habe; pro Maschine seien ihm 8.000,00 EUR Gewinn entgangen.

Das Schiedsgericht hat zwei Zeugen der Schiedsklägerin dazu gehört, welche Gebrauchsanleitungen und Konformitätserklärungen die Schiedsklägerin den Maschinen beigegeben habe, ob sie den Schiedsbeklagten gemahnt habe, wie er seine Zahlungsrückstände erklärt habe und wie das Protokoll vom 07.11.2006 zustande gekommen sei, in welchem

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Schiedsklägerin und Schiedsbeklagter gemeinsam die Zahlungsrückstände des Schiedsbeklagten festgestellt, weitere Lieferung und Verzicht auf Strafzinsen in Aussicht genommen haben, falls der Schiedsbeklagte die Rückstände von seinerzeit rund 76.000,00 EUR sowie rund 57.000,00 EUR für drei neue Mühlen bis 31.12.2006 bezahlt haben würde (Anlage 5 zum Antragstellerschriftsatz vom 03.03.2010).

Das Schiedsgericht hat den Schiedsbeklagten verurteilt zur Zahlung von

– 38.095,00 EUR restliche Kaufpreise,

– 102.445,00 EUR Vertragsstrafzinsen aus den dazugehörigen Kaufverträgen und

– 55.187,00 EUR Vertragsstrafzinsen aus acht weiteren Kaufverträgen.

Das Schiedsgericht hat als materielles Recht das internationale Kaufrecht des CISG angewandt, festgestellt, dass der Schiedsbeklagte nicht innerhalb angemessener Frist fehlende Papiere und Rost gerügt habe und ihm deswegen keine Gewährleistungsrechte zuerkannt.

Das Schiedsgericht hat über die Widerklage vom 21.04.2009 mündlich verhandelt. Der Schiedsbeklagte hatte nur für eine Bestellung Beweis angetreten durch schriftliche Unterlagen. Der Schiedsbeklagte erhielt die Widerklageerwiderung am 15.04.2009 als tschechische E-Mail und am Tag der mündlichen Verhandlung eine halbe Stunde vor Sitzungsbeginn in deutscher Übersetzung. In der Widerklageerwiderung bestritt die Schiedsklägerin verbindliche Bestellungen und berief sich auf ein Leistungsverweigerungsrecht wegen Zahlungsverzugs des Schiedsbeklagten.

Auf Frage des Schiedsgerichts, ob der Schiedsbeklagte weiteren Beweis für seine Widerklage antreten wolle, bat der Schiedsbeklagte um Frist zur Stellungnahme zur

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Widerklageerwiderung. Er beruft sich hilfsweise darauf, dass nach der Mail vom 01.12.2006, die Schiedsklägerin werde keine Maschinen mehr liefern, weitere Bestellungen überflüssig gewesen seien: Die Schiedsklägerin hätte ohnehin nicht geliefert.

Das Schiedsgericht räumte keine Frist zum weiteren Beweisantritt ein und wies im Schiedsspruch den Beweisantrag vom 27.04.2009, Frau E…. T…… zum Beweis dafür zu hören, am 04.12.2006 habe sie noch einmal versucht, bei dem Kläger anzurufen und nachzufragen, inwieweit weitere Maschinen bestellt werden können. Dort wurde ihr mitgeteilt, dass die E-Mail vom 01.12.2006 die letzte Antwort ist, als verspätet zurück.

DasSchiedsgerichtverurteiltedie

Schiedsklägerin/Widerbeklagte zur Zahlung von 8.000,00 EUR Schadensersatz für entgangenen Gewinn des Schiedsbeklagten und teilte die Kosten des Schiedsverfahrens im Verhältnis 7 : 1 auf die Parteien auf, was die Gebühren und die Pauschale des Schiedsgerichts betrifft.

Betreffend der Auslagen urteilte das Schiedsgericht: „Die beklagte Partei … hat … zu bezahlen … an das Schiedsgericht besondere Kosten, die aufgrund von dolmetschen bei mündlichen Verhandlungen sowie in Folge von Übersetzungen der Schriftstücke ins Deutsche zu Gunsten des Beklagten einschließlich dieses Schiedsspruchs entstanden; diese auch in Verbindung mit der Gegenklage des Beklagten vom 26.01.2009 entstandenen Kosten werden mit der Anzahlung in Höhe von 73.204,40 CZK verrechnet, die der Kläger zu diesem Zweck auf das Konto des Schiedsgerichts eingezahlt hat.“

Die Schiedsklägerin hat am 30.09.2009 dem Schiedsbeklagten gegenüber die Aufrechnung erklärt:

gegen seine Forderung von 8.000,00 EUR entgangenen Gewinn mit einem Teil des Vertragsstrafzinsens von 0,2 % aus

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38.095,00 EUR vom 01.04.2008 bis 30.09.2009 (das entspricht 41.752,00 EUR), und

gegen den Kostenerstattungsanspruch des Schiedsbeklagten in Höhe von 35.723,00 CZK mit einem Teil des eigenen Kostenerstattungsanspruchs von 271.780,00 CZK, so dass nur noch offen sind 235.995,00 CZK.

Am 30.12.2009 bezahlte der Schiedsbeklagte nahezu alle noch offenen Kaufpreise in Höhe von 34.479,00 EUR.

Die Schiedsklägerin hat zunächst beantragt (am 01.12.2009, also noch vor Zahlung der Restkaufpreise), den Schiedsspruch (ohne Berücksichtigung der Aufrechnung) für vollstreckbar zu erklären wegen

a)- 38.095,00 EUR offener Restkaufpreise,

– 102.445,00 EUR Vertragsstrafzinsen aus diesen fünf Kaufverträgen zum 31.03.2008,

– 55.387,00 EUR Vertragsstrafzinsen aus weiteren acht Kaufverträgen,

b)Vertragsstrafe von 0,2 % pro Tag aus 38.095,00 EUR vom 01.04.2008 an,

c)271.718,00 CZK Gebühren, 145.000,00 CZK Verwaltungspauschale des Schiedsgerichts,

d)besondere Kosten wegen dolmetschen und übersetzen unter Berücksichtigung des Vorschusses des Schiedsbeklagten.

Der Schiedsbeklagte hat beantragt, den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs zurückzuweisen und hat seinerseits beantragt, den Schiedsspruch betreffend die Widerklage in Höhe von 8.000,00 EUR und betreffend seines Kostenerstattungsanspruchs in Höhe von 15.000,09 CZK Gebühren

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und in Höhe von 20.714,00 CZK für die Verwaltungspauschale für vollstreckbar zu erklären.

Vor der mündlichen Verhandlung hat die Schiedsklägerin den Antrag auf Vollstreckbarerklärung in Höhe von 34.479,00 EUR zurückgenommen (Schriftsatz vom 03.03.2010, S. 33).

Schließlich hat die Schiedsklägerin den Antrag auf Vollstreckbarerklärung auch der durch Aufrechnung bereits getilgten Beträge stillschweigend zurückgenommen (vgl. die Berechnung ihres Anspruchs auf Seite 6 des Schriftsatzes vom 03.05.2010).

Die Schiedsklägerin beantragt schließlich die Zurückweisung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs betreffend die Widerklage mit Rücksicht auf die Aufrechnung.

Der Schiedsspruch ist wegen des Vertragsstrafzinses nur in Höhe von 0,1 % pro Tag vollstreckbar. Eine Vollstreckung wegen der weiteren 0,1 % pro Tag würde gegen den ordre public international von Deutschland verstoßen.

Der Kostenschiedsspruch betreffend die Auslagen des Schiedsgerichts hat keinen vollstreckbaren Inhalt.

Der Schiedsspruch betreffend die Widerklage ist durch die Aufrechnung der Schiedsklägerin erledigt und kann deswegen nicht mehr vollstreckt werden.

Gründe:

Die Einwände des Schiedsbeklagten gegen den Schiedsspruch:
1. Der Schiedsbeklagte darf sich im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung darauf berufen, das Schiedsgericht habe rechtliches Gehör verletzt, willkürlich gehandelt und den deutschen ordre public verletzt, obwohl er innerhalb der dafür vorgesehenen Frist beim staatlichen Gericht der Tschechischen Republik nicht beantragt hat, den Schiedsspruch aufzuheben.
Denn die drei genannten Gründe berechtigen in der Tschechischen Republik nach dem Gesetz über Schiedsverfahren und über Vollstreckung eines Schiedsspruchs (Anlage 15 zum Antragstellerschriftsatz vom 14.06.2010) das staatliche Gericht nicht, den Schiedsspruch aufzuheben. Das ergibt sich aus dem § 31 a bis g. Es kommt deswegen nicht darauf an, ob auch nach „neuem“ Recht zur Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen eine Schiedspartei mit Einwendungen gegen den Schiedsspruch ausgeschlossen ist, die sie vor einem staatlichen Gericht des Landes hätte geltend machen können, in dem der Schiedsspruch erlassen wurde.
2. Das Schiedsgericht hat das CISG ohne Willkür auf den Streitfall der Schiedsparteien angewandt.
Der Schiedskläger meint, das Schiedsgericht habe ohne Begründung und deswegen willkürlich den Fall nicht nach dem tschechischen Handelsgesetzbuch beurteilt und ihn deswegen um seine Gewährleistungsansprüche gebracht, obwohl die Parteien ausdrücklich die Geltung des tschechischen Handelsgesetzbuchs im Vertrag vereinbart hätten.
Das CISG verlangt vom Käufer eine Mängelrüge in angemessener Frist für jeden Mangel. Das tschechische HGB belässt dem Käufer Gewährleistungsansprüche auch ohne Mangelrüge, wenn der Mangel für den Verkäufer offenkundig ist. Hier hatte der Käufer vor dem Schiedsgerichtsverfahren weder das Fehlen von Bedienungsanleitungen und Konformitätserklärungen in deutscher Sprache gerügt noch das Vorhandensein von Rost.
Das Schiedsgericht hat die Anwendung des CISG begründet: Es hat gemeint, dass Artikel 6 des CISG, welches innerstaatliches tschechisches Recht ist, verlange, dass die Parteien das CISG ausdrücklich ausschließen müssten, um seine Anwendung zu verhindern. Die Vereinbarung des tschechischen HGB alleine bedeute nur, dass das HGB für diejenigen Fragen gelte, für welche das CISG keine Regelung bereithalte.
Diese Auslegung ist mindestens vertretbar und deswegen nicht willkürlich.
3. Der Schiedsbeklagte meint, das Schiedsgericht habe sein rechtliches Gehör verletzt, weil es sich nicht damit auseinandergesetzt habe, dass die Klägerin Roststellen an ihren Maschinen zugegeben habe.
Dieser Einwand ist nicht begründet. Das Schiedsgericht hat zum einen die Anwendung des CISG begründet und zum anderen die Mail der Schiedsklägerin vom 21.09.2006 (Anlage 2 zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 18.01.2010) anders gedeutet als der Schiedsbeklagte. In dieser Mail antwortet die Schiedsklägerin auf eine Reklamation eines Abnehmers des Schiedsbeklagten. Unter Ziffer 5 heißt es: „Vom Problem mit Rost wissen wir. Am Anfang war es wirklich ein richtiges Problem für uns. Heute haben wir die Lackierungstechnologie gewechselt und die Maschinen sind in Ordnung. Trotzdem, die Aggressivität einiger chemischer Konservierungsmittel stellt ein Problem auch für sehr gute und Qualitätslacken dar. Wir stimmen zu, dass irgendwelche Lackierungen der Rostpunkte nichts löst. Es ist jetzt ein Problem. Wie es zu lösen? Haben in dieser Sache einige Vorschläge. Wir entschuldigen sehr für dieses Problem.“.
Das Schiedsgericht meint zu Recht, damit gestehe die Schiedsklägerin nicht eine mangelhafte Lackierung zu, im Gegenteil. Die Lackierungsfehler seien in der Vergangenheit aufgetreten, aber inzwischen behoben.
Damit hat sich das Schiedsgericht mit den Argumenten des Schiedsbeklagten auseinandergesetzt, wenn auch auf eine für den Schiedsbeklagten nicht zufriedenstellende Art und Weise. Von Willkür jedenfalls und Verletzung rechtlichen Gehörs kann nicht die Rede sein.
4.Der Schiedsbeklagte meint weiter, das Schiedsgericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es ihm nicht ermöglicht habe, nach der mündlichen Verhandlung vom 21.04.2009 Beweis für seine Behauptung anzutreten, die Schiedsklägerin habe neben den zuerkannten 8.000,00 EUR weitere 48.000,00 EUR entgangenen Gewinn des Schiedsbeklagten zu bezahlen.
Dieser Einwand greift nicht durch.
Der Beweis, den der Schiedsbeklagte mit Schriftsatz vom 27.04.2009 angetreten und den das Schiedsgericht nicht erhoben hat, war nicht geeignet, die Behauptung des Schiedsbeklagten zu beweisen. In das Wissen der Zeugin war lediglich gestellt, dass sie telefonisch angefragt habe, ob weitere Bestellungen möglich seien. Das habe die Schiedsklägerin verneint.
Auch wenn die Zeugin dieses Telefonat bestätigen würde, hätte der Schiedsbeklagte nicht bewiesen, dass ihm die Schiedsklägerin den Abschluss von Verträgen unmöglich gemacht hätte, mit denen er weitere 48.000,00 EUR Gewinn hätte machen können. Um diese streitige Behauptung zu beweisen, hätte der Schiedsbeklagte wenigstens behaupten müssen, er habe bereits sechs weitere Kunden gehabt, die fest entschlossen gewesen wären, bei ihm die Maschinen zu einem Preis zu kaufen, der ihm eine Marge von je 8.000,00 EUR ermöglicht hätte. Eine solche Behauptung hat der Schiedsbeklagte aber nicht aufgestellt. Damit ist seine Widerklage in Höhe von 48.000,00 EUR unschlüssig.
5.Schließlich wendet der Schiedsbeklagte ein, der vom tschechischen Schiedsgericht ausgeurteilte Vertragsstrafzins von 0,2 % pro Tag dürfe in Deutschland wegen Verstoßes gegen den deutschen ordre public international nicht vollstreckt werden.
Mit diesem Einwand hat der Schiedsbeklagte teilweise Erfolg.
Im Verfahren zur Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche ist sowohl nach dem Genfer- wie nach dem New-Yorker-Übereinkommen der Einwand zulässig, die Vollstreckung des Schiedsspruchs würde gegen den deutschen ordre public international verstoßen.
Ein solcher Verstoß liegt nur vor, wenn der Schiedsspruch im konkreten Fall zu dem Grundgedanken der deutschen Rechtsordnung in so starkem Widerspruch steht, dass seine Vollstreckung untragbar erscheint.
Nach deutscher Vorstellung ist ein Vertragsstrafzins von knapp 73 % p.a. ohne Deckelung nach oben für bloßen Zahlungsverzug, ohne Notwendigkeit, inflationäre Entwicklungen im Gläubigerland auszugleichen, untragbar.
Das hat der Oberste Gerichtshof der Republik Österreich in seinem Beschluss vom 26.01.2005, Geschäftszahl 3 Ob 221/04 b, zitiert nach juris, für einen Vertragsstrafzins von 0,2 % pro Tag mit täglicher Kapitalisierung genauso gesehen.
Es war zwischen den Schiedsparteien unstreitig, dass in der Tschechischen Republik in den Jahren 2004 bis heute nicht für einen Inflationsausgleich zu sorgen war. Dem Senat ist kein Fall bekannt, in dem für Zahlungsverzug ein so hoher Vertragsstrafzins vereinbart und durchgesetzt worden wäre.
Es mag sein, dass in der Tschechischen Republik solche Zinssätze üblich sind. Das hat die Schiedsklägerin unwidersprochen so vorgetragen. Der Schiedsbeklagte hat lediglich bezweifelt, dass die Schiedsklägerin ihren eigenen Zulieferern solche Vertragsstrafzinsen schulden würde.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Schiedsklägerin neben den Vertragsstrafzinsen auch noch reguläre Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, hier also knapp 10 % p.a., von Rechts wegen verlangen könnte, von der Geltendmachung im vorliegenden Fall nur abgesehen hat.
Schließlich kann auch der Umstand, dassdie
Schiedsklägerin ihre eigenen Anwaltskostenim Schiedsverfahren nach der tschechischen
Schiedsgerichtsordnung nicht ersetzt verlangen kann,den
Vertragsstrafzins von 73 % p.a. nicht rechtfertigen.Die
Schiedsgerichtskosten selbst muss der Schiedsbeklagteihr erstatten.
Die Vollstreckung eines Vertragsstrafzinses von 0,1 % p.a. verstößt gerade noch nicht gegen den deutschen ordre public international.
Der Senat setzt mit dieser Entscheidung nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Schiedsgerichts, er bestimmt lediglich, welcher Bruchteil in Deutschland vollstreckt werden kann.
Dabei orientiert sich der Senat an der Art und Weise, wie der Bundesgerichtshof Vertragsstrafeversprechen unter Kaufleuten nach den Grundsätzen von Treu und Glauben reduziert. Mit Urteil vom 17.07.2008 (I ZR 168/05) hat der Bundesgerichtshof die Obergrenze bestimmt, bis zu der die Vertragsstrafe gerade noch hingenommen werden kann.
Diese Obergrenze sieht der Senat für den Vertragsstrafzinsanspruch in 0,1 % pro Tag. Das entspricht dem Doppelten dessen, was in Deutschland für den Überziehungszins gezahlt werden muss und hält sich im Rahmen der übrigen obergerichtlichen Rechtsprechung: Das
Oberlandesgericht Celle hat einen solchen Vertragsstrafzinssatz gerade noch hingenommen in der Entscheidung vom 06.10.2005 (8 Sch 6/05) und auch der Bundesgerichtshof hat am 04.03.1993 (Az.: IX ZB 55/92) eine Verzinsung von über 30 % pro Jahr in einem ausländischen Urteil nicht beanstandet. Damit ist nur die Hälfte des Betrags vollstreckbar, den das Schiedsgericht als Vertragsstrafzins ausgeurteilt hatte.
Damit kommt man zu folgender Berechnung:
Vertragsstrafzins bis zum 31.03.2008:
102.445,00 EUR
+ 55.187,00 EUR
= 157.632,00 EUR : 2
= 78.816,00 EUR.
Der Kostenschiedsspruch war insoweit für vollstreckbar zu erklären, als das Schiedsgericht feste Zahlbeträge festgesetzt hatte.
Soweit das Schiedsgericht nur eine Kostengrundentscheidung getroffen hat, die Kostenschuld des Schiedsbeklagten aber noch nicht ausgerechnet hat (Buchstabe e des Schiedsspruchs), war diese Kostengrundentscheidung nicht vollstreckbar, es fehlt noch die Kostenfestsetzung.
Der Schiedsspruch betreffend die Widerklage war nicht für vollstreckbar zu erklären, weil die Klägerin ihn durch Aufrechnung bereits erfüllt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.
Der Gegenstandswert bestimmt sich nicht mehr nach der Hauptsache, weil eine Hauptsacheforderung nicht mehr durchgesetzt werden soll, die Zinsen also keine Nebenforderung mehr sind.

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