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Zulässigkeit und Grenzen von Schiedsvereinbarungen

by Jan Dwornig
Zulässigkeit Schiedsklausel im Hinblick auf Schiedsgerichtsverfahren / arbitration

Zulässigkeit und Grenzen von Schiedsvereinbarungen

Schiedsvereinbarungen erlauben die individuelle Regelung vieler potenzieller Konflikte durch die an einem Vertrag beteiligten Parteien. Auf diese Weise wird für die Zukunft bereits fest vereinbart, dass im Falle von rechtlichen Streitigkeiten nach Möglichkeit der Gang zu einem staatlichen Gericht verhindert und stattdessen die meist einfachere und vor allem schnellere Klärung vor einem Schiedsgericht gewählt wird. Allerdings gelten für die Vereinbarung von Schiedsvereinbarungen bestimmte Grenzen, die unbedingt eingehalten werden müssen, damit die Vereinbarung auch wirklich zulässig ist. Welche Grenzen dies sind, erklären wir im Folgenden.

Grundsätzlich könnte man davon ausgehen, dass Parteien beliebige Schiedsvereinbarungen miteinander vereinbaren können, solange beide Seiten damit einverstanden sind. Dem ist aber nicht so. Schiedsvereinbarungen dürfen zum einen nur für solche Auseinandersetzungen abgeschlossen werden, die objektiv schiedsfähig sind. Die Parteien selbst müssen die subjektive Schiedsfähigkeit besitzen. Und nicht zuletzt darf der Inhalt der Schiedsvereinbarung weder rechtsstaatliche Mindeststandards verletzen noch gegen Gesetze verstoßen. Außerdem darf im Rahmen einer Schiedsvereinbarung keiner der Parteien ein Übergewicht in Bezug auf die Besetzung des Schiedsgerichts eingeräumt werden, wenn dies die andere Partei benachteiligen würde.

Die subjektive und die objektive Schiedsfähigkeit

Damit eine Schiedsvereinbarung gültig ist, müssen sowohl die subjektive als auch die objektive Schiedsfähigkeit gegeben sein. Die subjektive Schiedsfähigkeit bezieht sich dabei auf die beteiligten Parteien und hängt von deren Partei- und Prozessfähigkeit ab. Diese wiederum bestimmt sich nach dem jeweils anwendbaren Recht, welches per Rechtswahl durch die Parteien selbst bestimmt werden kann. Wurde keine Rechtswahl getroffen, dann wird das Recht angewendet, das mit dem jeweiligen Konflikt oder Rechtsstreit möglichst eng zusammenhängt.

Grundsätzlich sind alle vermögensrechtlichen Ansprüche schiedsfähig. Hierbei kommt es mittlerweile nicht darauf an, ob Vergleiche zwischen den Parteien zulässig wären. Vergleichs- und Verzichtsverbote schließen die Schiedsfähigkeit eines Anspruchs also nicht aus. Insgesamt wird der Begriff der vermögensrechtlichen Streitigkeiten hierbei recht weit ausgelegt. So besteht die objektive Schiedsfähigkeit unter anderem auch im Bereich öffentlich-rechtlicher Ansprüche, in Bezug auf Kartell- oder Patentstreitigkeiten, hinsichtlich von Restitutionssachen, Finanztermingeschäften oder Markenlöschungsklagen oder für Unterhaltssachen.

Handelt es sich nicht um einen vermögensrechtlichen Anspruch, dann besteht objektive Schiedsfähigkeit immer dann, wenn die Parteien berechtigt sind, über den jeweiligen Streitgegenstand einen Vergleich zu schließen. Hieraus ergibt sich, dass zum Beispiel Ehe- und Kindschaftssachen, Betreuungsangelegenheiten oder auch Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der Regel nicht schiedsfähig sind. Gleiches gilt für rechtliche Auseinandersetzungen über den Bestand eines Wohnraum-Mietverhältnisses im Inland. Dagegen ist die Zuständigkeit bestimmter Gerichte für spezifische Rechtsangelegenheiten alleine noch kein Kriterium, das der objektiven Schiedsfähigkeit widerspricht.

Offen ist dagegen die Diskussion über die objektive Schiedsfähigkeit bestimmter gesellschaftsrechtlicher Klagen. Hierbei geht es vor allem um Nichtigkeits- oder Anfechtungsklagen gegen die Beschlüsse von Hauptversammlungen einer AG oder Gesellschafterbeschlüssen einer GmbH. Auch die Novellierung des 10. Buches der ZPO hat an den entsprechenden Unklarheiten bislang nichts ändern können.

In Bezug auf internationale Schiedsvereinbarungen hängt die objektive Schiedsfähigkeit von der lex causae ab. Es muss also geprüft werden, ob die Streitigkeit vor dem Hintergrund des jeweils anwendbaren Rechts objektiv schiedsfähig ist oder nicht.

Die rechtsstaatlichen Mindeststandards

Vor der Novellierung des 10. Buches der ZPO waren Schiedsvereinbarungen grundsätzlich unwirksam, wenn die wirtschaftliche oder soziale Überlegenheit einer Partei beim Abschluss ausgenutzt wurde. Bis zum 31.12.2001 wurde dies im § 1025 Abs. 2 a.F. entsprechend geregelt. Bereits vor dem Wegfall hatte hier jedoch bereits § 138 BGB über sittenwidrige Rechtsgeschäfte als Prüfungsmaßstab für die Gültigkeit von Schiedsvereinbarungen gegolten. Hiermit ist geregelt, dass Schiedsvereinbarungen dann ungültig sind, wenn rechtsstaatliche Mindeststandards nicht gewähren. Dies ist besonders dann der Fall, wenn der Rechtsschutz deutlich eingeschränkt wird.

In § 138 Abs. 2 BGB heißt es hierzu:

Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.“

Überparteiliche Rechtspflege und Gesetzesverstöße

Prinzipiell muss eine Schiedsvereinbarung immer mit den Grundsätzen der überparteilichen Rechtspflege zu vereinbaren sein. In diesem Zusammenhang spielt es vor allem eine maßgebliche Rolle, dass die Besetzung des Schiedsgerichts so erfolgen muss, dass ein unparteiliches Verfahren gewährleistet werden kann.

In Bezug auf den Maßstab der überparteilichen Rechtspflege müssen zwei grundsätzliche Szenarien unterschieden werden. Zum einen darf der Schiedsrichter weder Partei noch gesetzlicher Vertreter einer Partei sein. Dies würde dem Grundsatz widersprechen, dass niemand Richter in seiner eigenen Sache sein kann. Zum anderen darf die Schiedsvereinbarung keiner der Parteien ein Übergewicht bei der Zusammensetzung des Schiedsgerichts zubilligen. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn der Schiedsrichter alleine von einer Partei ernannt wird oder wenn eine Partei die Mehrzahl der Schiedsrichter ernennt. Besteht innerhalb der Schiedsvereinbarung ein solches Ungleichgewicht, so wird die Vereinbarung alleine hierdurch allerdings nicht ungültig. Sie verleiht der benachteiligten Partei lediglich das Recht auf gesetzliche Ersetzung.

Darüber hinaus sind Schiedsvereinbarungen grundsätzlich dann unzulässig, wenn sie gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen. Diese Regelung lässt sich unmittelbar von § 134 BGB ableiten.

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