Home Gerichtsentscheidung OLG Dresden, Beschluss v. 27.01.2005, 11 SchH 02/04 | Schiedsverfahren: Eröffnung Insolvenzverfahren, Parteibezeichnung, Rechtsanwalt befangen

OLG Dresden, Beschluss v. 27.01.2005, 11 SchH 02/04 | Schiedsverfahren: Eröffnung Insolvenzverfahren, Parteibezeichnung, Rechtsanwalt befangen

by Jan Dwornig
Insolvenzverfahren unterbricht Schiedsverfahren nicht, Insolvenzverwalter Partei

§ 44 IV ZPO
§ 240 ZPO
§ 1036 II ZPO
§ 1037 ZPO

Nichtamtlicher Leitsatz:

1. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über eine Schiedspartei unterbricht das Schiedsverfahren nicht.
2. Insolvenzverwalter tritt an die Stelle der insolventen Schiedspartei, soll diese freigegeben werden, so nimmt diese hilfsweise am Verfahren teil

Sachverhalt:

Die Schiedsbeklagte begehrt die Ablehnung des Schiedsrichters im schiedsgerichtlichen Verfahren wegen Befangenheit. Die Schiedsklägerin – die D. AG & Co. KG – und die Schiedsbeklagte – die G. Leipzig GmbH – verständigten sich am 18. 6. 2002 auf eine Schiedsgerichtsvereinbarung, nach der über sämtliche offene Forderungen zwischen den Schiedsparteien durch Schiedsspruch entschieden werden sollte. Eine Regelung für den Fall der Insolvenz einer der Parteien wurde nicht getroffen. Der Schiedsverfahrensort sollte Leipzig sein. Zum Schiedsrichter wurde Rechtsanwalt N. aus Leipzig bestimmt. Der Rechtsanwalt war beiden Schiedsparteien bekannt, da er sie bereits zuvor gemeinsam in einzelnen Zivilverfahren gerichtlich und außergerichtlich vertreten und beraten hatte. Die Schiedsparteien waren und sind in einer ARGE verbunden. Rechtsanwalt N. hatte diese ARGE vertreten. Am 29. 1. 2004 erhielt die Schiedsbeklagte eine Klage der Schiedsklägerin vor dem Landgericht Siegen zugestellt, die sich – unter anderem – gegen die Schiedsbeklagte selbst als Gesellschafterin einer Gesellschaft bürgerliches Rechts richtet. Die Klage ist von Rechtsanwalt N. unterschrieben, der die Schiedsklägerin in dem Verfahren vor dem Landgericht Siegen als Prozessbevollmächtigter vertritt. Mit Schriftsatz vom 13. 2. 2004 erklärte die Schiedsbeklagte gegenüber Rechtsanwalt N. dessen Ablehnung als Schiedsrichter wegen Befangenheit. Mit Beschluss vom 20. 7. 2004 wies Rechtsanwalt N. den Ablehnungsantrag mit der Begründung ab, dass es der Schiedsbeklagten nicht mehr möglich sei, den Schiedsrichter wegen dessen anwaltlicher Tätigkeit für die Schiedsklägerin abzulehnen. Auf Grund der vorangegangenen anwaltlichen Tätigkeit für beide Schiedsparteien, habe die Schiedsbeklagte bereits zum Zeitpunkt der Bestellung des Rechtsanwalts zum Schiedsrichter von einer möglichen einseitigen anwaltlichen Tätigkeit des Rechtsanwalts für die Schiedsklägerin gewusst. Der Beschluss wurde der Schiedsbeklagten mittels einfachen Briefs ohne Empfangsbekenntnis am 9. 8. 2004 zugestellt. Bereits mit Beschluss des AG Nördlingen – Insolvenzgericht – vom 14. 6. 2004 wurde über das Vermögen der Schiedsklägerin das Insolvenzverfahren unter gleichzeitiger Bestellung eines Insolvenzverwalters eröffnet. Mit Schreiben vom 10. 8. 2004 erklärte der Insolvenzverwalter gegenüber der Komplementärin der Schiedsklägerin jedoch die Freigabe sämtlicher Forderungen der Schiedsklägerin gegen die Schiedsbeklagte für alle Aktiv-Rechtstreitigkeiten der Schiedsklägerin. Die Komplementärin befand sich zu diesem Zeitpunkt ebenfalls in Insolvenz und unter Verwaltung eines Insolvenzverwalters. Mit Schriftsatz vom 9. 9. 2004 hat die Schiedsbeklagte das OLG Dresden zur Entscheidung über den Antrag auf Ablehnung des Schiedsrichters wegen Befangenheit angerufen. Als Antragsgegner ist der Insolvenzverwalter der Schiedsklägerin benannt, hilfsweise – für den Fall, dass die Freigabeerklärung vom 10. 8. 2004 wirksam sein sollte – die Schiedsklägerin selbst. Die Schiedsbeklagte ist dabei der Auffassung, dass die Freigabeerklärung unwirksam sein soll, da sie gegenüber der Komplementärin der Schiedsklägerin selbst und nicht gegenüber deren Insolvenzverwalter erklärt wurde. Die Schiedsbeklagte weist außerdem auf eine Erklärung der Sparkasse Delitzsch-Eilenburg hin, wonach an diese alle im Schiedsverfahren streitgegenständliche Forderungen gegen die Schiedsbeklagte abgetreten worden seien. In der Sache ist die Schiedsbeklagte der Meinung, dass der Beschluss vom 20. 7. 2004 schon wegen der eingetretenen Insolvenz der Schiedsklägerin unwirksam sei. Darüber hinaus liege ein Befangenheitsgrund in der anwaltlichen Tätigkeit des Schiedsrichters für die Schiedsklägerin. In dem Ablehnungsverfahren vor dem OLG Dresden meldeten sich sowohl die Schiedsklägerin selbst, als auch deren Insolvenzverwalter. Beide sind der Auffassung, dass in Hinblick auf die Freigabeerklärung vom 10. 8. 2004 die Schiedsklägerin selbst richtige Beteiligte des Ablehnungsverfahrens sei. In der Sache sind beide der Auffassung, dass bereits der Ablehnungsantrag der Schiedsbeklagten vom 13. 2. 2004 verfristet sei. Die Schiedsbeklagte habe bereits am 29. 1. 2004 mit Zustellung der Klage der Schiedsklägerin vor dem Landgericht Siegen Kenntnis vom Ablehnungsgrund gehabt. Hiergegen behauptet die Schiedsbeklagte, dass am Tag der Klagezustellung lediglich die Sekretärin ihres Geschäftsführers vom Eingang der Klage erfahren habe. Der Geschäftsführer selbst habe erst am 2. 2. 2004 gewusst, dass der Schiedsrichter des schiedsgerichtlichen Verfahrens zugleich der Prozessvertreter der Schiedsklägerin ist. Dies versichert der Geschäftsführer in einer eidesstattlichen Versicherung vom 2. 11. 2004 gegenüber dem Gericht.

Gründe:

Der Antrag der Schiedsbeklagten auf Ablehnung des Rechtsanwalt N. als Schiedsrichter in dem schiedsgerichtlichen Verfahren hat Erfolg. Der zulässige Antrag ist begründet.
I. Zulässigkeit: Der Antrag ist zulässig.
1. Die örtliche und sachliche Zuständigkeit des OLG Dresden ergibt sich aus §§ 1062 Abs. 1 Nr. 1, 1037 Abs. 3 ZPO. 2. Keine Unterbrechung des Verfahrens durch Insolvenz der Schiedsklägerin. Eine von Amts wegen zu beachtende Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 240 Satz 1 ZPO wegen der Insolvenz der Schiedsklägerin ist nicht gegeben. Zwar wird gemäß § 240 Satz 1 ZPO im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei das Verfahren unterbrochen, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schiedsklägerin war aber kein Verfahren im Sinne des § 240 Satz 1 ZPO anhängig, welches hätte unterbrochen werden können. a) § 240 ZPO in schiedsgerichtlichen Verfahren unanwendbar Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schiedsklägerin unterbricht das schiedsgerichtliche Verfahren nicht. Die Vorschrift des § 240 Satz 1 ZPO ist auf das schiedsgerichtliche Verfahren gemäß §§ 1025ff ZPO nicht anwendbar. Bei einem schiedsgerichtlichen Verfahren handelt es sich nicht um eine Zivilrechtsstreitigkeit vor einem staatlichen Gericht, wie sie § 240 ZPO voraussetzt (vgl. BGH in KTS 1966, 246; Zöller, Kommentar zur ZPO, 24. Auflage, Rdnr. 48 zu § 1042 ZPO; Hess/Weis/Wienberg, Kommentar zur InsO, 2. Auflage, Rdnr. 22 zu § 85 InsO; Schwab/Walter/Baumbach, Systematischer Kommentar zur Schiedsgerichtsbarkeit, 6. Auflage, Kap. 16 Rdnr. 48). b) Keine Unterbrechung des gerichtlichen Verfahrens betreffend die Ablehnung Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schiedsklägerin unterbricht gemäß § 240 Satz 1 ZPO auch nicht das Ablehnungsverfahren vor dem OLG Dresden, denn das Ablehnungsverfahren vor dem OLG wurde erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens rechtshängig. Die Vorschrift des § 240 Satz 1 ZPO setzt voraus, dass zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung überhaupt ein Verfahren vor einem staatlichen Gericht anhängig ist, welches durch den Eintritt der Insolvenz betroffen wird (vgl. Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Auflage, Rdnr. 8 vor § 239 ZPO). Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer der Schiedsparteien bewirkt gemäß § 240 Satz 1 ZPO, dass zwar nicht das Schiedsverfahren, aber ein durch das schiedsgerichtliche Verfahren veranlasstes Verfahren vor einem staatlichen Gericht unterbrochen wird (vgl. BGH in KTS 1966, 246; Hess/Weis/Wienberg, Kommentar zur InsO, 2. Auflage, Rdnr. 23 zu § 85 InsO). Auch die Entscheidung des BGH in KTS 1966, 246 betraf jedoch den Fall, dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer der Schiedsparteien eröffnet wurde, nachdem bereits das staatliche Verfahren anhängig war. Anders ist es hier: Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schiedsklägerin wurde am 14. 6. 2004 eröffnet, mithin vor Anrufung des OLG Dresden am 9. 9. 2004. Da ein Verfahren vor einem staatlichen Gericht zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schiedsklägerin gerade nicht anhängig war, konnte durch die Insolvenzeröffnung auch keine Unterbrechung gemäß § 240 Satz 1 ZPO eintreten. 3. Die Gemeinschuldnerin ist richtige Antragsgegnerin Die Gemeinschuldnerin und Schiedsklägerin selbst ist die richtige Gegenpartei des Ablehnungsverfahrens. Sie ist als Zweit-Antragsgegnerin auch formell beteiligt. Dies ergibt eine verständige Auslegung der Erklärungen, die von der Schiedsbeklagten, der Schiedsklägerin selbst und deren Insolvenzverwalter vor dem OLG abgegeben wurden. a) Bezeichnung durch die Schiedsbeklagte und Antragstellerin Wer in einem Rechtsstreit Partei ist, das heißt Kläger oder Beklagter, Antragsteller oder Antragsgegner, ist aus der den Rechtsstreit einleitenden Prozesshandlung zu entnehmen. Bestimmt wird die Partei danach, wie sie bezeichnet ist, nämlich mit Namen oder Firma und Zustellungsadresse als Kläger, Beklagter, Antragsteller und Gegner. Außer der Bezeichnung in dem Schriftstück, das den Rechtsstreit einleitet und dem darin enthaltenen Tatsachenvortrag kann zur Bestimmung der Partei auch dasjenige auslegend herangezogen werden, was später im Prozess geschieht. Stets ist die Bestimmung, wer Partei ist, objektiv vom Standpunkt des Gerichts und des Beklagten oder Antragsgegners aus vorzunehmen (vgl. Zöller, Kommentar zur ZPO, 24. Auflage, Rdnr. 6 vor § 50 ZPO; Thomas/Putzo, Kommentar zur ZPO, 26. Auflage, Rdnr. 3 zur Vorbem. zu § 50 ZPO). Der Parteibegriff der ZPO ist dabei rein formell, das heißt unabhängig vom sachlichen Recht (Zöller, Kommentar zur ZPO, 24. Auflage, Rdnr. 62 vor § 50). b) Auslegung der Parteibezeichnung Nach diesen Maßstäben ist hier die Schiedsklägerin selbst Partei des Ablehnungsverfahrens vor dem OLG. Da der Schiedsbeklagte sowohl den Insolvenzverwalter der Schiedsklägerin und hilfsweise – für den Fall der Wirksamkeit der Freigabeerklärung vom 10. 8. 2004 – die Schiedsklägerin selbst als Antragsgegnerin bezeichnet, ist die Schiedsklägerin zunächst nur hilfsweise ins Verfahren einbezogen.
Eine solche hilfsweise Parteirolle ist aber nicht möglich. Das hat der Bundesgerichtshof für die parteierweiternde Hilfswiderklage gegen einen Dritten so ausgesprochen (BGHZ 147, 220 [224]): „Denn es ist keinem Prozessgegner zuzumuten, sich auf ein Verfahren einzulassen, bei dem die Möglichkeit besteht, dass es sich wieder in ein rechtliches Nichts auflöst”. So ist aber der – Antrag der Schiedsbeklagten nicht zu verstehen. Aus dem Schriftsatz wird deutlich, dass die Schiedsbeklagte beide, sowohl den Insolvenzverwalter wie auch die Gemeinschuldnerin selbst in das Verfahren einbezogen sehen möchte, um überhaupt eine Entscheidung, gegen welche Partei auch immer, ermöglichen zu können. Dieses Verständnis entspricht dem vom Bundesgerichtshof am angegebenen Ort ebenfalls angewandten Grundsatz, die Anträge einer Partei so auszulegen, dass sie den gewünschten Erfolg im Rahmen der Rechtsordnung erreichen können. Die Schiedsklägerin selbst hat sich im Verfahren gemeldet, zur Sache Stellung genommen und ist im Übrigen vom selben Prozessbevollmächtigten vertreten wie der Insolvenzverwalter.
4. Prozessführungsbefugnis der Schiedsklägerin
Die Schiedsklägerin selbst ist auch prozessführungsbefugt. Dies folgt aus der Freigabeerklärung vom 10. 8. 2004, die der Senat als wirksam erachtet, so dass die Schiedsklägerin – trotz der eingetretenen Insolvenz – aus allen Rechten berechtigt und verpflichtet ist, die den Streitgegenstand des schiedsgerichtlichen Verfahrens bilden. Durch eine Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters wird die Massezugehörigkeit eines Rechts oder Gegenstands aufgegeben und aus dem Insolvenzbeschlag (§ 80 Abs. 1 InsO) gelöst. Das Recht oder der Gegenstand wird damit insolvenzfreies Vermögen des Schuldners (vgl. Hess/Weis/Wienberg, Kommentar zur InsO, 2. Auflage, Rdnr. 596 zu § 55 InsO). Prozessführungsbefugt ist daher hier die insolvente Schiedsklägerin selbst. a) Die Freigabeerklärung Die Freigabeerklärung eines Insolvenzverwalters ist als empfangsbedürftige Willenserklärung mit ihrem Zugang an den Insolvenzschuldner wirksam. Der Zugang einer solchen Willenserklärung liegt vor, wenn sie so in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen (BGHZ 67, 271; Palandt, Kommentar zum BGB, 63. Auflage, Rdnr. 5 zu § 130 BGB). b) Der Zugang der Freigabeerklärung Hiernach ist die Freigebeerklärung vom 10. 8. 2004 als wirksam zu betrachten, da sie auch zugegangen ist. Dabei kann dahinstehen, ob man einen Zugang an die Komplementärin der Schiedsklägerin für ausreichend erachtet oder einen Zugang an deren Insolvenzverwalter verlangt. Die Komplementärin der Schiedsklägerin zählt in Hinblick auf den Zugang der Freigabeerklärung zum Machtbereich ihres Insolvenzverwalters, so dass die Freigabeerklärung nicht nur der Komplementärin, sondern auch deren Insolvenzverwalter zugegangen ist.
c) Die Abtretung In diesem Zusammenhang kann die von der Schiedsbeklagten angesprochene Abtretung der schiedsklägerischen Forderungen an die Sparkasse Delitzsch-Eilenburg unberücksichtigt bleiben. Der Vortrag der Schiedsbeklagten ist insoweit schon zu unsubstantiiert – insbesondere erklärt der Schiedsbeklagte nicht, zu welchem Zeitpunkt eine solche Abtretung erfolgt sein soll. Im Übrigen würde eine Abtretung, wenn sie während des Verfahrens vor dem OLG erfolgt wäre, gemäß § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO auch keinen Einfluss auf die Prozessführungsbefugnis der Schiedsklägerin haben. II. Begründetheit Der Ablehnungsantrag ist auch begründet. Es liegen Umstände vor, die berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Schiedsrichters begründen und deren Geltendmachung durch die Schiedsbeklagte rechtzeitig erfolgt ist. 1. Der Beschluss des Schiedsrichters ist wirksam Entgegen der Auffassung des Schiedsbeklagten ist der angegriffene Beschluss vom 20. 7. 2004 nicht schon deshalb unwirksam und daher aufzuheben, weil bereits zuvor am 14. 6. 2004 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schiedsklägerin eröffnet wurde. Durch die Insolvenz einer der Schiedsparteien wird das Schiedsverfahren selbst nicht berührt (vgl. Schwab/Walter, Systematischer Kommentar zur Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Auflage, Kap. 16, Rdnr. 49). Das Schiedsverfahren nimmt insoweit seinen Fortgang, so dass auch schiedsgerichtliche Entscheidungen wirksam erlassen werden können. 2. Der Beschluss des Schiedsrichters ist falsch Es liegt jedoch der Ablehnungsgrund des § 1036 Abs. 2 Satz 1 ZPO vor. Die Prozessvertretung der Schiedsklägerin in dem Verfahren vor dem LG Siegen durch den Schiedsrichter stellt einen Umstand dar, der berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Schiedsrichters aufkommen lassen.
a) Ablehnungsgrund Besorgnis der Befangenheit Gemäß § 1036 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO kann ein Schiedsrichter abgelehnt werden, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen. Eine solche Besorgnis der Befangenheit ist gegeben, wenn vom Standpunkt der Partei aus genügend objektive Gründe vorliegen, die in den Augen eines vernünftigen Menschen geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Schiedsrichters zu erregen (vgl. Schwab/Walter, Systematischer Kommentar zur Schiedsgerichtsbarkeit, 6. Auflage, Kap. 14, Rdnr. 6).
b) Der Schiedsrichter gibt der Schiedsbeklagten Anlass, seine Befangenheit zu besorgen. Die Prozessvertretung der Schiedsklägerin durch den Schiedsrichter in einem Rechtsstreit, in dem – unter anderem – die Schiedsbeklagte Gegnerin der Schiedsklägerin ist, stellt einen solchen Umstand i.S.d. § 1036 Abs. 2 Satz 1 ZPO dar. Der Prozessvertreter einer Partei ist immer zugleich auch Interessenvertreter der Partei. Er soll seiner Partei helfen, ihre Rechte bestmöglich durchzusetzen und zu realisieren. Demgegenüber ist ein Schiedsrichter zur Unparteilichkeit und Unabhängigkeit verpflichtet. Er soll gerade nicht einseitig die Interessen einer Partei durchsetzen, sondern, einen überparteilichen Schiedsspruch sprechen. Soweit der Schiedsrichter hier zugleich Prozessvertreter der Schiedsklägerin in einem gerichtlichen Verfahren gegen die Schiedsbeklagte ist, ist eine Pflichtenkollision gegeben, die nach verständiger Würdigung des Sachverhalts, Zweifel an der Unparteilichkeit des Schiedsrichters erregt. Hinzu kommt, dass auch der Verdacht mittelbarer finanzieller Interessen des Schiedsrichters am Ausgang des schiedsgerichtlichen Verfahrens nicht von der Hand zu weisen ist. Als Prozessvertreter erlangt der Schiedsrichter gegen die insolvente Schiedsklägerin Vergütungsansprüche, deren Begleichung möglicherweise erst nach einem positiven Abschluss des Schiedsverfahrens für die Schiedsklägerin gesichert ist. Ein solcher Verdacht mittelbarer finanzieller Abhängigkeit wird letztlich auch dadurch verstärkt, dass der Schiedsrichter bis zuletzt keine Auskunft darüber gab, inwieweit Honorarforderungen gegen die Schiedsklägerin aus seiner anwaltlichen Tätigkeit bestehen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass es für die Ablehnung eines Schiedsrichters schon genügt, dass bloße Zweifel an dessen Unparteilichkeit und Überparteilichkeit vorliegen. Es muss nicht mit Sicherheit gesagt werden können, dass der Schiedsrichter befangen ist. Insoweit sind die angeführten Gründe geeignet, zumindest diese Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit zu begründen.
3. Der Ablehnungsgrund war der Schiedsbeklagten zunächst unbekannt. Die Schiedsbeklagte ist mit dem Vorbringen ihrer Ablehnungsgründe auch nicht gemäß § 1036 Abs. 2 Satz 2 ZPO ausgeschlossen, wonach eine Partei einen Schiedsrichter, den sie bestellt oder an dessen Bestellung sie mitgewirkt hat, nur aus Gründen ablehnen kann, die ihr erst nach der Bestellung bekannt geworden sind. Zwar war der Rechtsanwalt vor seiner Bestellung zum Schiedsrichter durch die Schiedsparteien am 18. 6. 2002 für beide Schiedsparteien als Anwalt tätig gewesen. Der nunmehr aufgetretene und geltend gemachte Ablehnungsgrund beruht jedoch auf einem qualitativ anderen Sachverhalt, der der Schiedsbeklagten zum Zeitpunkt der Bestellung des Schiedsrichters nicht bekannt war. Die einseitige Prozessvertretung der Schiedsklägerin durch den Schiedsklägerin gegenüber der Schiedsbeklagten stellt eine einseitige Interessenvertretung der Schiedsklägerin dar und ist daher nicht zu vergleichen mit der gemeinsamen Vertretung und Beratung beider Schiedsparteien. 4. Der Ablehnungsantrag ist rechtzeitig geltend gemacht. Der Ablehnungsantrag der Schiedsbeklagten vom 13. 2. 2004 ist auch nicht gemäß § 1037 Abs. 2 Satz 1 ZPO verfristet. Nach dieser Vorschrift hat die Partei, die einen Schiedsrichter ablehnen will, innerhalb von zwei Wochen, nachdem ihr die Zusammensetzung des Schiedsgerichts oder ein Umstand im Sinne des § 1036 Abs. 2 ZPO bekannt geworden ist, dem Schiedsrichter schriftlich die Ablehnungsgründe darzulegen. Mit der Geltendmachung des Ablehnungsgrundes durch den Schriftsatz vom 13. 2. 2004 hat die Schiedsbeklagte die Frist des § 1037 Abs. 2 Satz 1 ZPO jedoch eingehalten. Der vertretungsberechtigte Geschäftsführer der Schiedsbeklagten hat erst am 2. 2. 2004 erfahren, dass der Schiedsrichter des schiedsgerichtlichen Verfahrens zugleich der Prozessvertreter der Schiedsklägerin in dem Zivilverfahren vor dem Landgericht Siegen gegen die Schiedsbeklagte ist. Dies folgt zur Überzeugung des Senats aus der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der Schiedsbeklagten vom 2. 11. 2004.
a) Die eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers ist ein zulässiges Beweismittel. Die Versicherung an Eides Statt ist im schiedsgerichtlichen Ablehnungsverfahren vor dem OLG ein zulässiges und hinreichendes Mittel der Glaubhaftmachung, wenn es um die Frage der rechtzeitigen Geltendmachung des Ablehnungsgrundes geht. Obwohl dies nirgends ausdrücklich im Gesetz steht, finden auf die in § 1062 ZPO genannten Verfahren die allgemeinen Vorschriften über das Erkenntnisverfahren im ersten Rechtszug Anwendung, sofern sich nicht aus der ratio legis Abweichendes ergibt (vgl. Zöller, Kommentar zur ZPO, 24. Auflage, Rdnr. 7 zu § 1063 ZPO). Insoweit sind in dem Verfahren über die Ablehnung des Schiedsrichters eines schiedsgerichtlichen Verfahrens insbesondere die Vorschriften der §§ 41 ZPO über die Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen anzuwenden. Vor diesem Hintergrund gilt im schiedsgerichtlichen Ablehnungsverfahren vor dem OLG die Regelung des § 44 Abs. 4 ZPO entsprechend. Hiernach ist glaubhaft zu machen, dass der Ablehnungsgrund erst später entstanden oder der Partei bekannt geworden ist, wenn ein Richter, bei dem die Partei, die sich in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt wird. Die Vorschrift des § 44 Abs. 4 ZPO steht dabei in Zusammenhang mit dem Verlust des Ablehnungsrechts nach § 43 ZPO, der bei einer nicht rechtzeitigen Geltendmachung des Ablehnungsrechts eintritt. Als Mittel der Glaubhaftmachung im Sinne des § 44 Abs. 4 ZPO ist gemäß § 294 Abs. 1 letzter Halbsatz ZPO unter anderem auch die Versicherung an Eides Statt vorgesehen. Auch im schiedsgerichtlichen Ablehnungsverfahren vor dem OLG ist hiernach das Mittel der Glaubhaftmachung zulässig und ausreichend, wenn es um die rechtzeitige Geltendmachung der Ablehnungsgründe geht.
b) Die eidesstattliche Versicherung ist glaubhaft. Der Senat sieht es als glaubhaft an, dass der vertretungsberechtigte Geschäftsführer der Schiedsbeklagten erst am 2. 2. 2004 Kenntnis vom Ablehnungsgrund gehabt hat, so wie er es in der Versicherung an Eides Statt angegeben hat. Die Einwände der Schiedsklägerin vermögen nicht die Überzeugung des Senats von der inhaltlichen Richtigkeit der eidesstattlichen Versicherung zu erschüttern. Es kommt dabei nicht darauf an, dass der Geschäftsführer jedes noch so kleine Detail seiner Schilderung richtig in Erinnerung hat, zumal die versicherten Geschehnisse auch schon einen nicht unbeträchtlichen Zeitraum von neun Monaten zurück liegen. Entscheidend ist, dass der Gesamtinhalt in sich widerspruchsfrei und schlüssig ist, so wie es bei der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der Fall ist.
c) Keine Wissensvertretung durch die Sekretärin Im Übrigen kann auch nicht über die Grundsätze der Wissensvertretung bei einer GmbH angenommen werden, dass der Geschäftsführer der Schiedsbeklagte bereits am 29. 1. 2004 mit Klagezustellung Kenntnis vom Ablehnungsgrund hatte. Zwar gibt der Geschäftsführer in der eidesstattlichen Versicherung selbst an, dass seine Sekretärin die Zustellung der Klage am 29. 1. 2004 registrierte. Die Sekretärin hatte damit aber noch keine Kenntnis von dem hier geltend gemachten Ablehnungsgrund, die dem Geschäftsführer der Schiedsbeklagten zugerechnet werden könnte.
aa) Wissensvertreter einer Gesellschaft ist nur, wer von der Gesellschaft mit der Gesellschaft mit der Erledigung bestimmter Aufgaben in eigener Verantwortung betraut ist. Entscheiden ist dabei nicht die Stellung des Informationsträgers, sondern die Bedeutung der Information selbst – ob nämlich der Rechtsverkehr erwarten durfte, dass die Information intern gespeichert, aufbereitet, weitergegeben und in der konkreten Situation abgefragt wird. Die Gesellschaft ist insoweit verpflichtet, die interne Kommunikation ordnungsgemäß zu orientieren (vgl. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Auflage, Rdnr. 6 zu § 36 GmbHG).
bb) Hiernach ist nicht davon auszugehen, dass die Sekretärin des Geschäftsführers Kenntnis davon hatte, dass der Schiedsrichter zugleich der Prozessvertreter der Schiedsklägerin ist. Hierzu hätte die Sekretärin zum einen überhaupt bemerken müssen, dass der Prozessvertreter der Schiedsklägerin Herr Rechtsanwalt N.ist. Zum anderen müsste man bei ihr die Kenntnis voraussetzen, dass dieser Rechtsanwalt N. auch Schiedsrichter des schiedsgerichtlichen Verfahrens zwischen den Parteien ist. Die Kenntnis des Ablehnungsgrundes verlangt insoweit die gedankliche Zusammenfügung beider Informationen und ein nicht unerhebliches Hintergrundwissen, dessen Vorhandensein bei der Sekretärin nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden kann.
C. Kosten Die Kostenentscheidung zu Lasten der Schiedsklägerin beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, der auch im Ablehnungsverfahren eines Schiedsrichters vor einem staatlichen Gericht gemäß §§ 1062 Abs. 1 Nr. 1, 1037 Abs. 3 Anwendung findet (vgl. Thomas/Putzo, Kommentar zur ZPO, 26. Auflage, Rdnr. 5 zu § 1063 ZPO). Da der Antrag gegenüber dem Insolvenzverwalter der Schiedsklägerin erfolglos war – weil der Insolvenzverwalter die Forderung, über die im Schiedsgerichtsverfahren gestritten wurde, schon vor Antragstellung an das Oberlandesgericht freigegeben hatte, war er von Anfang an nicht der richtige Gegner des Ablehnungsverfahrens -, war die Schiedsbeklagte nicht im vollen Umfang, sondern nur gegenüber der Schiedsklägerin selbst erfolgreich. Entsprechend waren die Kosten zu verteilen.
D. Streitwert Die Streitwertfestsetzung erfolgte gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen des Senats. Wir haben die Bedeutung der Sache – Recht der Schiedsparteien auf einen unbefangenen Schiedsrichter -, den Umfang und den Schwierigkeitsgrad berücksichtigt und auch in die Überlegungen einbezogen, dass die Schiedsklägerin bis auf die Schiedsforderung vermögenslos ist.

You may also like

Leave a Comment

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner